Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: Auf dem Weg zu einem Meeting gehen Sie durch das Großraumbüro. Neben dem Papierkorb entdecken Sie eine Bananenschale. Obwohl das Meeting in wenigen Minuten anfängt, sind Sie von der Bananenschale irritiert. Die hat dort einfach nichts zu suchen! Was tun Sie also?
Wenn Sie pünktlich kommen möchten, ist Liegenlassen die einzige Option. Denn aufheben allein reicht nicht, Sie müssten Sie in den Biomüll in der Teeküche schmeißen.
Wenn Sie mit der Schale in die Küche rennen, könnten Sie gerade noch rechtzeitig kommen.
Oder sprechen Sie denjenigen an, der an diesem Arbeitsplatz sitzt? Es ist schließlich sein Müll und er soll lernen, dass der in den Biomüll gehört.
Wie auch immer Ihre Entscheidung aussieht: sie wird weitreichend sein.
Zehn Menschen, zehn Meinungen
Das scheint Ihnen jetzt vielleicht etwas übertrieben. Warum soll die Entscheidung über den Verbleib einer Bananenschale so wichtig sein? Ganz einfach: Sie prägen damit die Kultur Ihres Unternehmens!
Ja, Sie haben richtig gelesen. Es sind viel weniger das Unternehmensbild oder die vom Vorstand vorgegebenen Werte, die die Unternehmenskultur prägen. Sie selbst, mit Ihren persönlichen Einstellungs- und Verhaltensweisen, prägen und erschaffen die Unternehmenskultur! Der Grund dafür ist einfach: Die vorgeschriebene Kultur, die im Unternehmensleitbild niedergeschrieben ist, ist zu abstrakt. Seien Sie doch mal ehrlich: Wenn der Vorstand „Verlässlichkeit, höchste Professionalität und Schnelligkeit“ auf die Fahnen schreibt, können doch selbst Sie als Führungskraft sich nichts Konkretes darunter vorstellen. Der Interpretationsspielraum ist schlichtweg zu groß. Und Ihren Mitarbeitern geht es nicht anders. Fragen Sie Ihr Team, was für sie „Verlässlichkeit“ im Arbeitsalltag bedeutet. Ich wette, jeder wird Ihnen etwas anderes sagen.
Vorbild Chef
Es ist wie in einer WG: Jeder Mitbewohner ist für „Sauberkeit“. Nun gut, aber für den einen heißt das halt einmal pro Monat Bad putzen, für den anderen jede Woche. Würde jeder allein nach seinen eigenen Bedürfnissen handeln, würde immer die selbe Person putzen. Der Streit wäre vorprogrammiert.
In Ihrem Unternehmen ist das nicht anders. Nur weil von oben „Verlässlichkeit“ gefordert wird, wird noch lange nicht im gleichen Maße Verlässlichkeit gelebt. Denn: Jeder Mensch, jeder Mitarbeiter hat seine eigenen Werte und Normen. Und außerdem – und das ist der entscheidende Punkt – orientieren sich Mitarbeiter an den Werten ihres Vorgesetzten, an Ihnen. Das geschieht ganz unbewusst. Aber Ihre Fragen und Antworten, Ihre Handlungen, selbst Ihre Kleidung, Mimik und Gestik sind beliebte Gesprächsthemen. Weil Ihre Mitarbeiter im Verhalten ihres Chefs Orientierung suchen.
Die Verantwortung des Einzelnen
Sie sehen also, in welcher Verantwortung Sie sich befinden. Die Kultur des Unternehmens entsteht aus der Summe der Denk- und Verhaltensweisen der Menschen, die dort arbeiten. Jeder trägt zur Kulturentwicklung bei – besonders Sie als Führungskraft. Sie haben eine Vorbildfunktion, in gewisser Hinsicht eine Macht, die Sie nutzen dürfen und sollten.
Natürlich auch zu Ihren und des Unternehmens Gunsten: Ist es zum Beispiel Ihr Ziel, das Verantwortungsbewusstsein Ihrer Mitarbeiter zu stärken, dann brauchen Sie Leute, die die Initiative ergreifen und Aufgaben selbstständig angehen. Haben Sie aber eher Menschen um sich, die auf Anweisungen vom Chef warten, müssen Sie deren Einstellung und die gewohnten Verhaltensweisen ändern.
Ja, Sie können die Kultur verändern. Auch wenn viele Managementtrainer das Gegenteil behaupten. Ich persönlich habe schon viele erfolgreiche Veränderungen miterleben dürfen. Klar, das geht nicht über Nacht. Sie brauchen Geduld, Ausdauer und eine Portion guten Willen. Die wichtigste Voraussetzung aber ist eine Führungsriege, die geschlossen mit gutem Beispiel vorangeht.
Machen Sie sich bewusst, dass Ihr Verhalten heute das Verhalten Ihrer Mitarbeiter morgen ist!
Also, was machen Sie mit der Bananenschale?